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von Wencke Teschner, 13a

Über Sinn und Unsinn des Lernens nachzudenken, ist fast so alt wie die Menschheitsgeschichte. Ob Lernen für uns Frust oder Freude, Fluch oder Segen bedeutet, war bereits Brennpunkthema einer unserer Schülerzeitungen (Ausgabe Oktober 2015, hier im Archiv). Immer wieder müssen wir uns motivieren zu lernen, für uns den Sinn des Lernens klären. Lernen wir unter Druck, für die gewünschte Note, oder weil es uns interessiert und wir das Gelernte später nutzen wollen. Und wie kann Lernen möglichst stressfrei zum Erfolg führen? Wencke hat in ihrer Seminararbeit Methoden zusammengetragen, die diesen Problemen „Beine machen“ sollen. (Lena)

 

„Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir!“ schrieb Lucius Annaeus Seneca ca. 62 n. Chr. an seinen „Schüler“ Lucilius und kritisiert damit die römischen Philosophenschulen seiner Zeit. Doch lernen wir noch für unsere Zukunft? Oder nur für die Schule? Unzählige Schüler lernen nur noch für den Moment, das hat eine Umfrage des Nachhilfeinstituts „Lernquadrat“ ergeben. Die 500 Befragten sind Schüler zwischen dem 11. und 19. Lebensjahr. Die Umfrage ergab, dass durchschnittlich jede/r fünfte Schüler/in den Unterrichtstoff nach dem Abprüfen sofort wieder vergisst. Schüler haben viel zu tun. Wir müssen uns auf den Unterricht vorbereiten, Hausaufgaben erledigen und für Klassenarbeiten oder Tests lernen. Viel Zeit für die Freizeit bleibt da oft nicht. Und somit versuchen viele, sich in kürzester Zeit so viel wie möglich für den Test oder die Prüfung einzuprägen. Auch mir geht es oft so. Manchmal hat man einfach nicht genug Zeit, um sich ordentlich vorzubereiten. Und so lernt man schnell einen Tag vor dem Test in der Hoffnung, dass man sich möglichst viel gemerkt hat. Nach dem Test ist der Kopf wie leer gefegt und das Gelernte ist schon wieder vergessen. Also, nichts mehr mit dem Lernen für die Zukunft?!

Mit diesem Phänomen habe ich mich in meiner Seminararbeit auseinandergesetzt. Dabei habe ich mich mit dem sogenannten „Bulimielernen“ befasst und versucht, einen Lösungsansatz für dieses Problem zu finden. Was ist „Bulimielernen“? Die Bezeichnung ist ein Begriff aus der Szenesprache. Er beschreibt das Lernen großer Stoffmengen am letzten Tag vor der Prüfung oder allgemein in einer sehr knappen Zeit. Die Lerninhalte behält man höchstens für den Test oder die Klausur, danach vergisst man sie. Man könnte auch sagen, dass die Schüler den Stoff in sich „reinfuttern“, ihn im Test dann wieder „ausspucken“ und danach „vergessen“. Der Lerneffekt beträgt somit gleich Null. Wie also kann man dieses Problem ändern? Im Laufe meiner Recherche bin ich auf unterschiedliche Lernmethoden gestoßen und habe ich mich mit zwei Methoden genauer beschäftigt. Das sind die Superlearning-Methode und die Mnemotechnik.

Die Mnemotechnik (Kunstwort aus dem 19. Jh.) ist eine universelle Methode, die man in vielen Bereichen zum Speichern von Wissen einsetzen kann. Sie ist dafür bekannt, das Lernen mit Hilfe von Gedächtnisbrücken, sog. „Eselsbrücken“ wie Reime, Merksätze, Schemata, Grafiken und Geschichten effizienter zu gestalten. Hierbei werden viele Methoden zusammengeführt, welche die Merkfähigkeiten und auch die Merkleistung steigern. Bei der Mnemotechnik wird Fachwissen mit alltäglichen Situationen verknüpft, was das Merken von Informationen erleichtert. Es gibt wiederum unterschiedliche Techniken, die Mnemotechnik anzuwenden. Diese Techniken können ohne große Übung und Aufwand verwendet werden. Wichtig ist zu wissen, dass es bei dieser Lernmethode einiger Übung bedarf, um Erfolg zu haben.

Die erste Technik ist die Loci- oder Routenmethode. Diese Technik ist von Vorteil, wenn man sich viel merken möchte. Bei dieser Methode macht man einen Rundgang durch sein Zimmer oder die Wohnung. Dabei sucht man sich zehn markante Punkte. Das kann zum Beispiel das Lieblingsbild sein oder der Fernseher; man geht diese immer in derselben Reihenfolge ab. Im nächsten Schritt werden Zahlen oder Begriffe mit den Gegenständen aus der Wohnung assoziiert und man soll sich ausgefallene Bilder vorstellen, die man dann Schritt für Schritt abläuft. Wenn man sich dann später an die Zahlen oder Begriffe erinnern möchte, muss man nur den Rundgang durch seine Wohnung vor dem geistigen Auge wiederholen.

Die Ersatzwortmethode ist gut für das Lernen von Fremdwörtern oder Vokabeln. Man kann die Technik auch nutzen, um sich Namen besser zu merken. Bei dieser Methode werden die Vokabeln oder Fremdwörter mit einem bereits vertrauten Begriff verknüpft. Dieser muss aber einen ähnlichen Klang, wie das zu erlernende Fremdwort haben. Wenn man zu Beispiel das englische Wort „mice“ nimmt, welches zu Deutsch Maus bedeutet, hört man, dass das Wort Ähnlichkeit mit dem deutschen Wort „Mais“ hat. Nun stellt man sich ein lebendiges Bild mit Hilfe der Maus und dem Mais vor. Diese Art der Mnemotechnik hat den Effekt, dass man, wenn man wieder einmal nach dem englischen Wort für Maus sucht, das gedachte Bild in Erinnerung rufen kann, womit automatische das zu lernende Wort abgerufen wird. Der Effekt ist stärker, wenn die Ähnlichkeit der Worte sehr stark ist. Eine weitere Gedächtnisstütze ist die Geschichte, die in zwei Arten vorliegen kann. Die erste Art wirkt etwas schwächer, weil sie eine richtige Geschichte ist. Man baut aus den zu lernenden Begriffen oder Zahlen eine Geschichte. Man sucht sich zu jeder einzelnen Zahl ein Symbol und baut mit Hilfe dieser Symbole eine Geschichte. Die Zahl 2 könnte man sich zum Beispiel mit dem Bild eines Schwans merken oder die 8 mit Hilfe einer Sanduhr. Dabei gilt: Um so absurder, um so besser.

Die zweite Art ist eine klassische Mnemotechnik. Wenn wir eine Zahlenfolge haben, die wir lernen müssen wie bspw. wichtige Daten in Geschichte. Dazu werden die Zahlen in verschiedene Abschnitte unterteilt. Um diese Abschnitte zu merken, versucht man, sie mit präsenten Begriffen zu assoziieren. Die Nummer 2417321007 könnte man sich in etwa so merken: 2412 könnte man sich als Weihnachtsdatum. Den Abschnitt 3-2-1 könnte man mit dem E-Bay-Slogan „3, 2, 1, mein!“ verknüpfen und den Abschnitt 007 verbindet man mit der berühmten Filmfigur James Bond. Statt der Zahlenabfolge merkt man sich einfach die Begriffe, mit denen die Zahlenabfolge verknüpft wird. Man könnte sich mit diesen Begriffen aber auch eine absurde Geschichte ausdenken. Je absurder die Geschichte ist, desto besser kann das Gehirn die Informationen verknüpfen; man spricht hier auch vom Memory- Effekt.

Das Zahlen-Symbole-System kann man ebenso mit der Methode der Geschichte verbinden. Diese Methode ist auch geeignet, um sich Zahlenfolgen zu merken. Man gibt den Zahlen von 0 bis 9 je ein bestimmtes Symbol. Dabei ist wichtig, dass man sich das Bild vor seinem geistigen Auge einprägt. Falls eine bestimmte Zahlen-Symbol-Kombination zu schwer zu merken ist, sollte man ein anderes Symbol wählen, mit dem es leichter fällt, die Zahl zu verknüpfen. Mit diesem Symbol denkt man sich dann wir in der vorigen Methode eine sehr schräge Geschichte aus, damit man sich die Zahlen Kombination besser merken kann.

Die zweite Lernmethode ist die Superlearning-Methode. Bei dieser Methode liegt das Augenmerk auf einem entspannten Lernzustand, dem Überwinden mentaler Lernbarrieren und dem spielerischen Lernen. Die Superlearning-Methode ist vor allem im Bereich des Fremdsprachenlernens verbreitet. Bei dieser Methode machst du während des Lernens alle 10 Minuten fünf Minuten Yoga. Dabei hörst du entspannende Musik, die eine Schlagzahl von circa 60 Schlägen pro Minute aufweist. Nach den fünf Minuten Yoga liest und sprichst du die Vokabeln immer wieder. Das Erlernte ist bei dieser Methode viel präsenter, die Vokabeln werden viel spontaner und sicherer angewendet. Des Weiteren verläuft die Vergessenskurve bei dieser Methode deutlich flacher als bei der „herkömmlichen“ Methode. Somit werden die Informationen besser im Langzeitgedächtnis gespeichert.

Natürlich lernt nicht jeder Schüler stumpf auswendig. Einige Mitschüler lernen schon mit Hilfe von Lernmethoden. Es ist sehr schwer, seine alten Lerngewohnheiten abzulegen. Auch lernt jeder Schüler anders. Aus diesem Grund muss man die Lernmethoden auch individuell auf sich abstimmen. Vielleicht probiert ihr einmal einige Techniken der Mnemotechnik oder die Superlearning-Methode aus, um zu testen, ob euch eine der vielen Techniken weiterhilft oder euer Lernen verbessern und interessanter gestalten könnte. Also probiert es aus. Übung macht den Meister.

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