Juni 2011. Wieder einmal neigte sich das lange Schuljahr langsam, aber sicher dem Ende entgegen und das Highlight der 12. Klasse stand bevor: Die Studienreise. Abgesehen vom Mathekurs, der wie geplant in die Toskana reiste, wurde in unserem Deutschkurs nach einigen Komplikationen entschieden, dass wir den Englischkurs auf seiner Studienreise nach London begleiten würden. Aus Weimar wurde also London, aus Goethe Shakespeare… So sind wir schließlich am 19.06.11 mit etwa 40 Schülern vom Potsdamer Hauptbahnhof aufgebrochen, begleitet von unserem „Hauptmann“ Frau Kreuzberger, Frau Debertshäuser und Herrn Ritter.
Allein die Hinfahrt war schon aufregend. Der Bus verlor eine Radkappe, was sich beim Herumsprechen zu „Wir verlieren ein Rad“ verwandelte und mehr oder weniger für Aufregung sorgte. Nach diesem Problem erreichten wir gerade noch rechtzeitig die Fähre, die uns von Calais nach Dover übersetzen sollte. Nach ca. eineinhalb Stunden, einem Währungswechsel und einer Stunde Zeitverschiebung erreichten wir England. Wenn mich nun jemand auf England anspricht, denke ich, abgesehen von London, zuerst an Steilküste, Schafe, unzählige Wiesen und graue Wolken. – London steht stark im Kontrast zu dieser Landschaft: eine unglaublich große, bunte, laute und turbulente Stadt. Auf den ersten Blick schien sie sich nicht sehr von anderen Großstädten zu unterscheiden. Da wir auf das Einchecken noch warten mussten, ging es – noch in Jogginghose und mit strubbeligen Haaren – ins erste Museum, das „Royal Observatory Greenwich“. Das Wetter hatte sich bis zu dem Zeitpunkt gebessert, sodass der Blick auf die Skyline besser war als auf so mancher Postkarte. Auch auf dem Nullmeridian standen wir, aber komischerweise fühlte man sich darauf nicht besonders anders als auf jedem anderen Punkt Europas.
Auf dem Weg zum Hostel „St. Christopher’s Inn“ machte eine gruselige Internetbewertung darüber die Runde im Bus. Meine Erwartungen und der Stimmungspegel sanken auf ein Minimum. Natürlich wusste ich, dass ich keinen Hotelservice erwarten durfte, aber Uringestank? Aber Gott sei Dank soll man ja nicht alles glauben, was im Internet steht, denn das Hostel zeigte sich besser als erwartet. – Nachdem wir uns eingerichtet hatten, trafen wir uns abends, um uns einen ersten Eindruck von London zu verschaffen. Typisch für London ist wohl, dass man an einem Tag so gut wie alle Jahreszeiten erleben kann, den Winter ausgenommen. Wenn uns gerade noch die Sonne die Haut versengt hatte, so konnte man sich im nächsten Moment über einen lang anhaltenden Regenguss vom Feinsten freuen. Mein Eindruck von London verbesserte sich immer mehr, je weiter wir durch die Stadt zogen. Trotz des Regens, sind die Sehenswürdigkeiten, wie die Tower Bridge, die wir überquerten, the Monument, der Tower of London und das Schiff „Belfast“ sehr imposant. Viele Kameras kamen zum Einsatz und knipsten in manchen Fällen gleich alles doppelt und dreifach. NOREEN (und alle orangen Texte)
What a wonderful world
Der erste Abend. Ein Blick nach England, mit Sicht eingeschränkt auf London, kommt an in einer kleinen Verkehrsstraße, direkt über einem der vielen Pubs, in einem Hostel mit Blick über die Stadt. Hier stehe ich. Ungeduldig halte ich eine kleine Plastiktüte unter den Kopf meiner fiebrigen Mitschülerin und warte auf ihren nächsten Brechreiz. Er kommt und der erste Tag in London geht scheinbar zu Ende. Es ist schon spät, doch das Hostel ist noch wach. In den Fluren ist niemand zu sehen. Auch niemand ist in den Waschräumen. Nicht eine Menschenseele aus einem der vielen Zimmer ist zu hören. Doch unter meinen Füßen spüre ich ein Wummern. Je müder ich mich auf den Treppen hinab in die unteren Etagen wage, desto aufgeweckter schallt mir ein anschwellendes Raunen entgegen. Eine letzte Tür trennt mich von Menschenmassen und Antworten, die ich erhalten könnte. Grüne und blaue Laserstrahlen bemalen mich wild mit vielen kleinen Leuchtpunkten und ich bin leicht geblendet. Ein typischer Kneipengeruch von Bier und Schweiß geht mir durch die Nase und mein Blick wandert von munteren Mitschülern über saufende Mitbürger zu einem singenden Musiker. Zwei Engländer nehmen Kontakt zu mir auf und spendieren mir erst ein, dann zwei Gläser Wein. Meine Augen und mein Mund bedanken sich recht herzlich für die Einladung, doch meine Ohren gehören dem Mann auf der kleinen Bühne am Ende der Bar. Der Takt setzt ein und ein großer, schwerer, schwarzer Engländer greift beschwingt zum Mikrofon. Er schließt die Augen mit traumhafter Wehmut und singt: „What a wonderful world“. Ich lausche verzaubert der Stimme, die von irgendwoher zu mir dringt, und schlafe langsam ein.
TANJA
Der neue Tag begann für uns mit einer Stadtrundfahrt im Bus. So lernten wir London von seiner besten Seite kennen: wir sahen die Tower Bridge, den Tower, St. Paul’s Cathedral, Big Ben, die berühmten roten Busse, Telefonzellen und Mülleimer und nicht zu vergessen, die typischen schwarzen Taxen. Unser erster Halt war in Westminster Abbey, wo die berühmten roten Elemente und Sehenswürdigkeiten als Fotokulisse zum Einsatz kamen. Unser zweiter Halt war am Buckingham Palace. Wir hatten enormes Glück und erlebten den Changing oft he Guards und den Moment, als sie musizierten. Das Highlight trat ein, als die Queen in einer Limousine am Buckingham Palace vorbeifuhr. Nur wenigen ist in diesem kurzen Moment ein gutes Foto geglückt, mir nicht – schade. Ein weiterer Tagespunkt war die National Gallery, ein schönes Erlebnis für Kunstbegeisterte und ein Labyrinth für Orientierungsschwache. Die anschließende Fahrt mit der London Tube offenbarte uns, dass wir den Föhn morgens nicht brauchen würden, denn der Luftzug war unglaublich stark. Ein kurzer Blick auf den Camden Market erinnerte mich an alle Flohmärkte und Weihnachtsmärkte zusammen, so ausgefallen, bunt und vielfältig war er. Genau so ausgefallen und vielfältig waren auch die Londoner Händler, wie der eine oder andere von uns später erfahren sollte. Und natürlich mussten wir etwas zu essen finden, denn die englische Küche hat nicht gerade den Ruf einer Gourmet-Küche.
Fish & Chips
Mit dem festen Ziel, es in diesem Jahr zu schaffen, einmal Fish & Chips zu essen, fuhr ich zum dritten Mal nach London. Auf den vielen Touren und Märschen durch die Straßen kamen wir an unzähligen Geschäften, Restaurants und Imbissständen vorbei, die Fish & Chips etwas anboten. Doch nun erkannte ich die wahre Bedeutung des „Wer die Wahl hat, hat die Qual.“ Bei einer solchen Masse an Möglichkeiten musste ich mich entscheiden, wo ich dieses erste Mal „typisch englisch“ essen wollte. Und so ging ich durch die Straßen und dachte, dass dieses nicht gut aussehe, jenes so abgelegen sei und im nächsten so wenig Leute drin saßen, dass es dort wohl auch nicht gut sein könne. Das Ende dieses Entscheidungsmarathons war, dass ich wieder bei McDonalds, Burger King o.ä. einen Imbiss nahm – all das, was man aus Deutschland kennt. Und genau das lief jeden Tag ab. Und von Tag zu Tag stieg der Druck, ein passendes Restaurant für Fish & Ships zu finden, und mit dem Druck stiegen auch meine Ansprüche an dieses Restaurant. So kam es dann, dass wieder eine Fahrt nach London verging, ohne dass ich Fish & Chips genossen hätte. STEFAN
Besondere Begegnungen mit Londonern waren keine Seltenheit, interessante Beobachtungen die Regel.
Typisch englisch
Der Klischee-Engländer hat rote Haare, Sommersprossen im gesamten Gesicht, eine Melone auf dem Kopf, kurz gesagt, ein Aussehen wie Sherlock Holmes und Prinz Charles in ihren besten Jahren. Doch in der Hauptstadt London haben wir Personen, auf die diese Beschreibung passt, nicht angetroffen. Im Gegenteil, ein großer Teil der Londoner könnte frisch einem Modemagazin entsprungen sein. Uns begegnete alles – vom angesagten Trenchcoat bis zur 80er-Jahre-Bluse. Scheinbar jeder hat seinen individuellen Stil und weiß, wie er seine Schokoladenseite betonen kann. Egal, ob Businessman oder Student, Jung oder Alt, alle sind im Dauerstress; nicht einmal zur traditionellen Teatime um 4 Uhr pm. wird Pause gemacht. Aber! Trotz Hektik und Stress ist die englische Freundlichkeit allgegenwärtig und alle sind bereit, auch uns Touristen gegenüber jederzeit hilfsbereit zu sein. Typisch für Londons Bevölkerung ist das Multikulturelle und es scheint zu funktionieren: Amerikaner, Chinesen, Inder und Türken demonstrieren ein einheitliches und friedliches Zusammenleben, obwohl ihre Wurzeln doch so verschieden sind. London ist für mich eine Stadt, die nicht nur durch ihre Sehenswürdigkeiten und ihr Königshaus internationale Blicke auf sich zieht, sondern vor allem durch die Vielfalt ihrer Bewohner. LAURA
Fesselndes Erlebnis
Obwohl allein die Anreise nach London schon ein Erlebnis war, gab es in der Stadt selbst viele Sehenswürdigkeiten, die mein Interesse fesseln konnten. Ob es die Brücken waren, von denen keine einer anderen glich, die gigantischen Hochhäuser die im Vergleich zu den heimischen Hochhäusern, wirklich das Adjektiv hoch verdienten, oder einfach nur die Tatsache, dass London die Touristen für so unaufmerksam hält, dass auf jeder Straße eine Warnaufschrift zu lesen ist, in welche Richtung man zu schauen habe. Doch es gab eine Situation die für mich das „Gefühl London“ am besten zu beschreiben vermag. Am Donnerstag, dem 21. Juni, waren Julia und ich etwas zu früh an der National Gallery, dem vereinbarten Treffpunkt unserer Gruppe. So konnten wir der Aufführung eines Straßenkünstlers zusehen. Nachdem der Mann seinen Auftritt beendet hatte, verspürte Julia, die von Natur sehr aufgeschlossen und freundlich ist, das Verlangen, dem Straßenkünstler einen Trick zu zeigen, den bis jetzt noch niemand hatte nachmachen können. Sogar der selbst sehr gelenkige Straßenkünstler schien sichtlich erstaunt. Nachdem wir einige Minuten mit dem üblichen Smalltalk verbracht hatten, wollte es der Herr genau wissen und holte eine Zwangsjacke aus einer Kiste. Er verschnürte Julia wie ein Paket. Die gefesselte Jule sollte sich ohne fremde Hilfe aus dieser Jacke befreien. Das Entfesseln dauerte eine Weile, doch war ich mindestens genau so verblüfft wie der Straßenkünstler, dass Jule nach einigen Minuten entfesselt und vor Freude strahlend die Arme in die Luft riss. Also liebe Männer in Weiß, legt euch nicht mit Jule an. PHILIP
Alltäglich und spannend zugleich war für uns alle auch die Tube, die vielleicht Ähnlichkeiten zur Berliner U-Bahn aufweist, sich aber doch klar unterscheidet.
Tube
Leute drängen sich aneinander
Die Blicke nach unten gerichtet
Huschen über die Fremden hinweg
Nur wenige halten dem Augenkontakt stand.
Die Köpfe tief in die Zeitungen gesenkt
Die Körper zusammengesackt
Andere mit steifer Haltung und konzentriert strengem Blick
Ermattet mit tiefen Augenringen.
Seelenlose Männer in Anzügen
Einer gleicht dem anderen
Geschäftlich unterwegs anonym
Namenlos mit isoliert ödem Blick.
Hitze. Stille. Nur die Tube
Macht gleichmäßig benebelnden Lärm
Ermüdend als eintöniger Klang
Die Augen brennen, fallen zu.
Plötzlich. Die Tube hält an
Leute springen auf hellwach
Drängen sich gehetzt durch die Enge
Um noch rechtzeitig die Tür zu erreichen.
Die Ruhe nun gebrochen
Durch ein freundlich doch bestimmt
Energisches „Excuse me“
Mit strebsamem Gang das Ziel angepeilt
Unnachgiebig und starrsinnig.
Ein kleiner Moment des Durchatmens
Endlich ein Sitzplatz
Neue Massen drängen sich
Schnatternd lachend in die schmale Tube
Hetzen nach den letzten freien Plätzen.
Die Tube fährt los. Stille.
THORA
Erfahrung in der London Tube
Das erste Mal in der Londoner U-Bahn. Eine Gruppe von etwa 40 Schülern und Lehrern blockieren auf der Suche nach der richtigen Bahn einen gesamten U-Bahn Zugang . Es ist gerade Feierabend und deshalb ist der Menschenansturm sehr groß. Wir stehen im Wege. Was passiert? Die Londoner schleichen sich an uns vorbei und man hört nur ein wiederholtes „Excuse me“. Als ich etwas zur Seite gehen will, trete ich einem Mann im Anzug auf seine Lederschuhe. Ich erschrecke und gehe in Verteidigungshaltung , weil ich wohl eine eher typisch deutsche Reaktion erwarte. Doch dann bin ich überrascht: Der Herr im Anzug sagt „Excuse me“ und geht weiter. Also kein Vorurteil: Engländer sind extrem höflich. Und mir fällt ein: Ein bisschen mehr Freundlichkeit würde auch in Deutschland niemandem wehtun! CHRISTIAN
Underground Musik
Ströme von Menschen in den weißgrauen Tunneln. Die gestressten Londoner mit ihren Aktentaschen schienen nur zu versuchen, schnellstmöglich ihr Ziel, ihr Büro, zu erreichen. Wir hetzen den Underground entlang. Doch immer lauter wird eine sanfte, raue Stimme. Auf Französisch singt ein Straßenmusiker seine Lieder. Ich bin von seinem Auftreten und seiner Stimme total überrascht. Es folgen Gänsehaut und ein Kribbeln im Bauch. Ich habe leider keine Zeit, ihm weiter zuzuhören. – Letztens habe ich den Zettel wieder entdeckt. Aber eigentlich hatte ich mir seinen Namen die ganze Zeit über richtig gemerkt… Jean Claude Madhero. JULIA
Im Regent’s Park vergaß man beinahe, in einer Großstadt zu sein. Londons Parks sind ein besonderes Erlebnis und eignen sich hervorragend zur Großstadtflucht.
Liebe auf den ersten Blick
Erst vor wenigen Stunden in London angekommen und ich hatte mich bereits verliebt. Nicht in einen Tee trinkenden Engländer mit Regenschirm und auch nicht in die belebte Stadt selbst. Nein, es war viel kleiner, viel flauschiger und besaß wesentlich mehr Haare … Alles begann bei strahlendem Sonnenschein mitten in Londons beliebtem Greenwich Park. Während wir, der Englisch- und Deutsch Leistungskurs, noch immer etwas benommen von der 18stündigen Busfahrt von Potsdam nach London nun durch den 73 Hektar großen Park schlenderten, Jugendlichen beim Sportunterricht zusahen, Baseball spielende Männer beobachteten und andere Leute bei Spaziergang oder Picknick erblickten, sprang plötzlich ein wuscheliges Etwas vom Baum und lief mir direkt vor die Füße. Nun saß es nicht einmal einen halben Meter entfernt auf dem hellen Sandweg und schaute mir gerade in die Augen. Da ich mich in einer Art Schockzustand befand, konnte ich es nicht fotografieren, womit ich dem Winzling sicher sehr entgegenkam. Dennoch kann ich mich an jedes Detail erinnern: hellbraunes Fell mit einem leichten Graustich, zwei schwarze Streifen auf dem Rücken, riesige dunkle Augen und einen voluminösen Puschelschwanz, dessen Form mich an einen Staubwedel erinnerte. Ich musterte es völlig fasziniert und es schaute mich mit leicht verstörtem Blick regungslos an. Nach einer langen halben Minute ging ich nur einen winzigen Schritt auf das kleine wuschelige Etwas zu. Leider war das zu viel für den Anfang und so endete unser Rendezvous, welches leider nur aus unsicheren Blicken und verklemmtem Schweigen bestanden hatte, bevor es überhaupt begonnen hatte. Das kleine Streifenhörnchen hatte mir mit dem ersten Blick den Kopf verdreht und verschwand nun ängstlich hinter Bäumen und kehrte nie zurück. Dennoch bin ich mir sicher, dass wir uns beide gut verstanden hätten, auch ohne Worte. SARAH
Auch der nächste Tag ließ unseren etwas überstrapazierten Füßen keine Pause. Zuerst ging es ins British Museum, das unglaublich groß ist und die unterschiedlichsten Themen und Kostbarkeiten bereit hält wie die Entstehung des Geldes, die Entwicklung der Schokolade, Themen aus der griechischen Mythologie oder den berühmten Stein von Rosetta, der 1799 durch einen Offizier im Gefolge Napoleons gefunden wurde und dem Franzosen Champollion 1822 die Entschlüsselung der Hieroglyphen ermöglichte. – Unser nächstes Ziel war das berühmte Globe Theatre.
The Globe
Totus mundus agit histrionem, von Shakespeare geprägt und frei übersetzt: „Die ganze Welt ist Bühne“. So lautet die Inschrift über dem Eingang des Londoner Theaters THE GLOBE, dem Spielhaus des wohl berühmtesten Dramatikers der Literaturgeschichte, Sir William Shakespeare. Wir haben es betreten! Zwar ist das heutige GLOBE eine Rekonstruktion, doch die Geschichte des Originals ist ein Drama für sich.
Shakespeares erstes Spielhaus THEATRE war schon in seinen frühen Jahren erfolgreich. Trotzdem weigerte sich der Landbesitzer den Pachtvertrag zu verlängern und Shakespeare und seine Truppen mussten das Haus räumen. Ein neues Theater wurde vom wählerischen Londoner Publikum schlecht besucht, die Einnahmen reichten kaum zum Leben und schon gar nicht zur Instandhaltung der Spielräume und Requisiten. In einem Anflug von Aktionismus beschloss die Truppe, das vom Londoner Volk geforderte THEATRE zurückzuerobern. In der Nacht des 28. Dezember überquerten die mit Bühnenwaffen aufgerüsteten Männer die Themse. Sie drangen in das geschlossene Spielhaus ein und begannen mit der Hilfe eines professionellen Schreiners und mehrerer Leiharbeiter das Spielhaus abzubauen. Sie beförderten die Materialien auf ein erworbenes Stück Land in Southwark am Südufer der Themse. Dort erbauten sie das von Shakespeare beschriebene „hölzerne O“. Tatsächlich ist der Titel des neuen Spielhauses passend, da die Bühne aus einem Himmel (einem Balkon und dem Dach der Bühne, aus welchem mit Seilzügen „Engel“ und „Götter“ herabschwebten), einer den Sterblichen sichtbaren Erde und der Hölle (einem Keller, aus dem die Schauspieler aus dem „Nichts“ erscheinen konnten) bestand. Dieses neue, moderne Theater mit seiner hervorragenden Akustik, der unmittelbaren Nähe zu den Zuschauern, die direkt an der Bühne im Freien standen, und nicht zuletzt wegen der hervorragenden Stücke, die dort gespielt wurden, fand bei den Londonern großen Zuspruch. Der Erfolg fand ein jähes Ende, als 1613 eine falsch abgefeuerte Kanone einen Brand verursachte, der das ganze Spielhaus bis auf die Grundfesten niederbrannte.
Drei Jahrhunderte später erfolgte die originale Rekonstruktion des GLOBE Theatres durch den Schauspieler Sam Wanamaker. Die Rekonstruktion erfolgte mit den gleichen Materialen, wie sie im Elisabethanischen Zeitalter verwendet worden waren, und so ist es das einzige Gebäude in London mit einem Strohdach, was allerdings gegen Brandgefahr imprägniert wurde. 1997 wurde es wiedereröffnet. Heute verzaubert The Globe wieder jeden Abend mehrere tausend Zuschauer; es ist praktisch immer ausverkauft. Ob Vorstellung oder nicht, es ist für jeden Theaterinteressierten eine Pflichtattraktion in London. JASIN
Wir kannten nun das berühmte GLOBE – oder zumindest die Kopie davon – und hatten im Anschluss bis zum Abend Freizeit, um London auf eigene Faust zu entdecken. Jeder von uns lernte eine andere Seite von London kennen. Natürlich bot sich für einige unserer Mädchen eine Shoppingtour in der Innenstadt an.
Was macht Shopping in London zu einem Erlebnis?
Nicht nur Insider wissen, wovon man in London – abgesehen von Sightseeing oder Fish & Ships – noch nicht genug kriegen kann. Richtig, von hemmungslosem Shopping.
Unzählige Einkaufsstraßen wie die Oxford Street reihen sich aneinander, sodass es unmöglich ist, nicht in einem der Geschäfte zu landen. Da gibt es an jeder Ecke mindestens einen Souvenirshop, aus dem uns schon von Weitem die britische Nationalflagge oder die Gesichter von William und Kate anstrahlen, die gut besuchten Sandwichketten, die niedlichen Kitschläden oder das Ziel aller weiblichen London Touristen: Primark: Massenhysterie und Chaos auf zwei Etagen, gefühlte 100 Menschen auf einem Quadratmeter, die nicht genug dieser ungewöhnlich günstigen Kleidung auf einmal wegtragen können. Man stopft einfach alles in die Tasche, was die richtige Größe hat! Wenn nicht, egal, trotzdem rein damit! – Das ist der Traum eines Mädchens? Oh, ja! Wir nehmen einen langen Weg durch die Oxford Street auf uns, orientieren uns an den entgegenkommenden, prall gefüllten, braunen Primark-Tüten und fühlen uns wie im Himmel, als wir das Geschäft erreichen. Uns erwartet ein Zustand wie in einem Supermarkt kurz vor dem Weltuntergang. Getrieben vom sprunghaft gestiegenen Adrenalin werden Frauen zu Spitzensportlerinnen, hasten durch die Menschenmenge und tragen ungeahnte Lasten. Die Verkäufer arbeiten zügig und freundlich, ordentlich aufgereiht stehen wir eine Stunde lang in der Schlange vor den Umkleidekabinen und fallen nur selten über die herumliegenden Taschen und Schuhe. Primark erkennen auch wir als ein wahres Erlebnis. – Natürlich gibt es auch andere Einkaufsmöglichkeiten in London, welche man nicht außer Acht lassen sollte: große Bekleidungsketten wie Topshop und Miss Selfridge oder der Camden Market, auf denen man nach Herzenslust wunderschöne Kleider oder die üblichen London-Pullis erwerben kann.
Das Hochgefühl, als wir schließlich nach unserer Shopping-Tour mit prall gefüllten Tüten und schmerzenden Füßen in die Underground Bahn steigen, lässt uns unser leeres Portemonnaie einfach vergessen. ANNE
Verpasste Chance
Egal wer du bist, egal woher du kommst, egal, was du willst… Man hat das Gefühl, in London könnte jeder sein richtiges Plätzchen finden. Von der Oxford Street für Mädchen im Teenager-Alter bis nach West End für Kulturinteressierte oder den tollen Parks für Natur- und Sportbegeisterte.
Ich war schon immer von der Musik begeistert, die aus London kam. Abgesehen von den fünf professionellen, in London beheimateten Symphonieorchestern und Meisterwerken, die aus London stammen wie Andrew Lloyd Webbers Musical „Cats“, hat die Musikvielfalt aus London viel mehr zu bieten. Schon in der Generation vor uns begann sich die Musikindustrie in London zu entwickeln. So befinden sich heute in der City of Westminster die Abbey Road Studios, wo in den 1970ern Pink Floyd ihre Alben einspielten. Im Jahr 1960 widmeten sogar die aus Liverpool stammenden The Beatles diesen Studios ihr Album „Abbey Road“. Heute gehören die Studios dem Plattenlabel EMI. Diese produzieren Musik der besten Indie-Rock Bands aus London und Großbritannien. Indie-Rock, eine Musikrichtung, die auch ich gerne höre. Also habe ich mir vorgenommen, eine neue Indie-Rock-Band zu entdecken, wenn ich mich schon an der Quelle befand. Ich nahm mir vor, alle noch so kleinen und dunklen Pubs abzuklappern – mit Live Musik versteht sich -, um eine neue Band zu finden. Da aber meine Freundinnen eher die Oxford Street und andere Shopping-Möglichkeiten bevorzugten, lief ich mit ihnen mit und statt vielseitiger Musik sah ich vielseitige Mode. Eigentlich auch nicht schlecht. – Allerdings sagte mir meine Sitzpartnerin im Bus auf dem Rückweg nach Deutschland, dass sie ihren Tag im Hyde Park verbracht und da eine richtig tolle Indie-Rock Band erlebt habe, aber sie kannte sie nicht. Als ich sie fragte, wie diese Band heiße, antwortete sie mir: „Kings of Leon, kennst du die?“. Kings of Leon, wer kennt die nicht!? Die Band kommt nicht aus London, eigentlich gar nicht aus Großbritannien, aber es ist eine der besten Indie-Rock Bands auf der ganzen Welt.
Als ich zu Hause ankam, hatte ich mich bereits damit angefunden, dass ich keine neue Band in London gefunden habe. Aber, dass ich eine meiner Lieblingsbands in London verpasst habe, weil ich shoppen war, das werde ich mir nie verzeihen. Mein Tipp an alle Musikinteressierten, die nach London fahren: Ohren auf! In einer Musikstadt wie London findet man immer irgendwo eine Band. DINA
Das Musical „Blood Brothers“ im Phoenix Theatre war für die meisten ein besonderes Erlebnis am Ende dieses Tages. Es wirkte auf mich durch die flüssigen Übergänge, die verschiedenen Kulissen und natürlich durch Musik und Gesang wie eine Mischung aus Film und Theater. Anschließend gingen wir auf verschiedensten Wegen auf individuelle Entdeckungstouren durch die nächtliche Metropole.
London by night
Es gibt sehr viele tüchtige Menschen, die am Tag in London unterwegs sind. Aber wie viele Menschen bei Nacht unterwegs sind, ist überwältigend. Da ich leider immer keine Ahnung habe, wie ich irgendwohin komme, heftete ich mich hier in London an Annemarie; sie war die private Reiseführerin für Darya und mich, weil sie bereits zum zweiten Mal in London war. Nachdem wir am letzten Abend unserer Studienreise das Musical „Blood Brothers“ gesehen hatten, wagten wir uns die Londoner Nacht. Wir gingen vom Trafalgar Square in Richtung Westminster. Je mehr wir uns dem Zentrum näherten, desto bunter wurde die Stadt. Es war Wahnsinn, mitten in der Woche, irgendwann zwischen 22 und 23 Uhr waren mehr Menschenmassen unterwegs. Ich war überwältigt. Doch den Höhepunkt bot der Anblick der Sehenswürdigkeiten. Die Kathedralen wurden mit einem geheimnisvollen Licht angestrahlt, sodass ich Gänsehaut bekam. Nur wir drei nachts mitten in London! Ich fühlte mich wie betrunken durch die Reizüberflutung dieser herrlichen Stadt. Wir lachten viel und machten Späße, dass wir hierher ziehen und das große Geld machen würden. Und dann erblickten wir ihn, … den Big Ben bei Nacht, eingehüllt in grünes Licht. Wir waren so aufgedreht, dass wir 1000 Bilder machten, um den einen Moment einzufangen. Leider gerieten mit unseren kleinen Kameras fast alle Bilder verwackelt und unscharf. Nach einer Weile gaben wir das Fotografieren auf. Wir beschlossen, dass wir diesen Moment nicht auf einem Foto festhalten wollten, sondern die Atmosphäre, die Ausgelassenheit und die Erinnerung dieser Nacht für immer in unseren Köpfen und Herzen speichern würden. ANTONIA (und ANNEMARIE)
Am nächsten Morgen ließen wir bei einer Bootstour auf der Themse noch einmal alle Sehenswürdigkeiten auf uns wirken. Die Sonne zeigte uns London von seiner besten Seite. Hätte der Akku meiner Kamera noch länger gehalten, wäre sicher der 2-GB-Chip voll geworden. Anschließend marschierten wir wieder in kleinen Gruppen los. Jeder entschied selbst, was er sich als krönenden Abschluss gönnte: Ob es noch einmal Shopping auf der Oxford Street war, ein Besuch in Covent Garden, ein Gang in den Pub oder Entspannung im Hyde Park…
Persönliches Erfolgserlebnis
Vor der Studienreise habe ich nicht einmal gewusst, was das „London Eye“ ist. Doch jetzt werde ich das London Eye kennen lernen. Hastig mache ich mich auf den Weg. Es ist schon 18 Uhr und um halb acht sollen wir uns alle bei Cleopatra‘s Needle, einem altägyptischen Obelisk, treffen. Das London Eye, das Auge von London, ist auch bekannt unter der Bezeichnung Millennium Wheel, da es für die Londoner Feiern zum Jahrtausendwechsel gebaut wurde. Es steht im Zentrum der britischen Hauptstadt am Südufer der Themse, nahe der Westminster Bridge. – Nach wenigen Minuten erreiche ich mein Ziel. Ich bin beeindruckt, ich sehe das drittgrößte Riesenrad der Welt. Schon den ganzen Tag habe ich mich auf diesen Moment gefreut. Endlich stehe ich vor einer Gondel. Ich steige als Letzte in eine der 32 Gondeln ein und sofort beginnt die Fahrt. Ich staune über die herrliche Sicht auf die Stadt. In den Gesichtern meiner Mitfahrer erkenne ich dieselbe Bewunderung. Das Wetter an diesem Nachmittag ist fantastisch, sodass ich aus einer Höhe von 135 Metern einen atemberaubenden Ausblick über ganz London genießen kann: Ich sehe den Big Ben, den Buckingham Palace, die St. Pauls Kathedrale und das House of Parliament. – An klaren Tagen kann man bis 40 km weit sehen. Ich habe Glück, denn am Horizont erkenne ich grüne Hügel. Am liebsten würde ich all das noch länger genießen. – Nach 30 Minuten endet die Fahrt und ich muss leider aussteigen. Es ist der schönste Abschied von London, den ich mir selbst bereitet habe. DEBORA
Der Tag, an dem die Füße nie still standen.
Unser letzter Studientag in London begann äußerst vielversprechend. Um 7 Uhr aufstehen, das Zimmer aufräumen, Koffer packen und im Anschluss alles in den Bus verfrachten. Als hätten wir nicht genug mit uns selber zu kämpfen gehabt, mussten wir im Anschluss direkt an die Themse laufen, um dort an einer Bootstour teilzunehmen. An Bord teilten uns die Lehrer mit, dass wir bis 19 Uhr auf unseren Bus für die Rückreise nach Potsdam warten müssten. Das Grausame daran war, dass wir bereits aus unserem Hotel ausgecheckt hatten und uns nun den kompletten Tag in der Innenstadt Londons aufhalten mussten. Von unseren Berlin-Erfahrungen wissen wir, was es bedeutet, einen kompletten Tag in der Innenstadt zu verbringen: Jede Menge Menschen, Autofahrer und Radfahrer, die sich durch die Straßen und Gassen drängen, rauben einem den letzten Nerv und die Hoffnung auf einen entspannten Tag. Aber wir wollten das Beste daraus machen und somit beschlossen Jonas und ich, an diesem – für Londoner Verhältnisse relativ sonnigen Tag – Jasin als unseren persönlichen London Guide zu bestimmen. Da Jasin mehrere Jahre in London gelebt hat, kannte er natürlich die Londoner City. Ein Cheesburger war nach dem „englischen Frühstück“ vom Morgen eine gelungene Abwechslung und die perfekte Stärkung für den Marathon, der uns bevorstand. Danach machten wir uns auf den Weg zum Trafalgar Square. Nach kürzester Zeit änderte sich schlagartig das Wetter und Regen trieb uns immer wieder in die berühmten Londoner Pubs. Jonas und ich fühlten uns in dieser angenehmen Atmosphäre ziemlich wohl und hätten bestimmt einige Stunden dort verbringen können, doch Jasin hielt es nie lange auf seinem Stuhl. Nach einem englischen Bier und jeweils zwei Toilettengängen liefen wir auf Jasins Wunsch wieder ins Londoner Getümmel. Wir folgten Jasin auf Schritt und Tritt, obwohl unsere Beine schon förmlich glühten. Auf dem Weg zu Hard Rock Coffee und Hard Rock Fanshop ließen Jonas und ich die Uhr nie aus den Augen. Die Zeit allerdings war an diesem Tag nicht unser Freund. Am Fanshop ließ uns Jasin erst einmal angenehme 20 min vor der Tür stehen, um sich dort zwei äußerst rockige Shirts zu besorgen. Abgestellt wie zwei Autos standen Jonas und ich da und warteten auf unseren Guide. Als Jasin endlich wieder erschien, liefen wir noch kurze Zeit planlos durch London, bis wir den Tag endlich bei einem gepflegten Abendessen im Restaurant ausklingen ließen. Als die Uhr 19 Uhr schlug und der Bus um die Ecke kroch, waren Jonas und ich heilfroh, nun ein paar Stunden schlafen und unsere schmerzenden Füße aus den Schuhen befreien zu können. STEPHAN
Auf der Rückreise waren wir alle völlig geschafft, aber zufrieden. In den wenigen Tagen haben wir einen super Eindruck von der 8-Millionen-Metropole London erhalten, sodass sämtliche brennenden Fußsohlen nicht mehr störten. Ganz bewältigt war die Reise damit aber noch nicht, denn es gab wieder ein Problem mit dem Bus, dieses Mal mit dem Sprit, sodass wir die Daumen drücken mussten, dass er es noch bis zur Fähre schaffen würde. Das schien zu wirken, sodass wir uns ab Calais endgültig entspannen und nach Hause fahren konnten.
Birthday auf dem Ärmelkanal
Die ewig lange Fahrt auf der Fähre von Dover nach Calais war an sich unerträglich, aber um Mitternacht war das völlig vergessen: Die halbe Fähre stimmte sich auf ein ‚Happy Birthday‘ ein. Mein 18. Geburtstag fand tatsächlich in Anwesenheit von Leuten statt, die ich nicht kannte, mit Jugendlichen, die ich 5 Tage lang unentwegt an meiner Seite gehabt hatte, und meinen besten Freundinnen. Die Stimmung war unglaublich, als auf einmal alle anfingen, für mich zu singen, und als fünf Minuten später meine lieben männlichen Freunde noch einmal mit tiefen Bassstimmen nachlegten. Dann folgte das große Umarmen und als mir auch die Lehrer gratuliert hatten, torkelte ich völlig gerührt mit meinen Freund/innen in die kleine Spielhalle der Fähre, um das neue Lebensjahr auch ordentlich mit Egoshootern und Tanzspielen zu feiern.
Im Bus, als wir endlich wieder Land unter den Rädern hatten, durfte ich mich noch mal an einem kleinen Ständchen von Felix und den anderen erfreuen. Eigentlich war mir so viel Aufmerksamkeit schon fast unangenehm, doch ich habe mich auch unheimlich darüber gefreut. Nur schade, dass ich erst am Tag unserer Rückreise von der Studienfahrt die Volljährigkeit erreichte, denn sonst hätte ich in London vielleicht auch in den Genuss eines Pub-Besuches kommen können. Wo die anderen Spaß hatten, wurden wir „Minderjährigen“ nicht eingelassen. Anstatt mit den anderen Musik zu hören, und in gemütlicher Runde ein typisch englisches Bier (Ale) zu trinken, saßen wir in unserem kuscheligen 14-Personen-Zimmer und genossen den Ausblick auf die belebte Straße. SOPHIE
Fazit: Es war auf jeden Fall eine sehr schöne und aufregende Studienreise. Hiermit bedanken wir uns bei Frau Kreuzberger, die ihre Aufgabe, etwa 40 Schüler zu managen, mit Bravour erledigt hat, bei Herrn Ritter, der des Zählens nie müde wurde und immer darauf achtete, dass wir keinen zurückließen, bei Frau Debertshäuser, die uns eine ganz besondere Führung in der National Gallery geben konnte. Dank auch an die drei helfenden Alumnis und natürlich an den Jahrgang selbst, der die Fahrt so besonders machte.
von NOREEN und Schüler/innen der 13/3
Hallo 13er! Es wäre natürlich schön gewesen, wenn wir von eurer Londonreise noch ein paar schöne Fotos bekommen hätten, auf denen z.B. auch die gesamte Gruppe einmal zu sehen ist…
Die Red.