Wir sind wie Fische: Gefangen im Netz(werk)

Soziale Netzwerke im Internet existieren schon seit Mitte der 1990er Jahre. Homepages, auf denen man per Mausklick mit Freunden und Freundesfreunden Kontakt aufnehmen kann. Es ist unkompliziert, kostenlos und schnell. Also eigentlich eine prima Sache.

2004 entwickelte Mark Zuckerberg, damals Harvard-Student, mit einigen Kommilitonen dann aber eine Plattform, die alles bisher Dagewesene weit übertreffen sollte. „Facebook“ heißt das neue Medium mit Suchtpotenzial. Menschen jeder Altersklasse können sich hier registrieren und ein persönliches Profil mit Angaben zu politischer Richtung, religiöser Einstellung oder den Hobbies erstellen. Verknüpft mit seinen Freunden kann man dann Nachrichten schreiben, virtuelle Herzen verschenken oder die Pinnwandeinträge kommentieren. Das Prinzip klingt einfach, und doch lockt es immer mehr Menschen. Die 500-Millionen-Mitglieder-Grenze wurde am 21. Juli 2010 überschritten, allein in Deutschland nutzen derzeit rund 13 Millionen Menschen das Netzwerk. Zum Vergleich: Die Seite Myspace wird nur von rund 4 Millionen Deutschen genutzt. Enorme Popularität bestätigt also den Erfolg von „Facebook“, einer Website, die trotz Sicherheitslücken im Datenschutz und großer Kritik wächst und wächst.

Kritikpunkte gibt es in der Tat mehrere: So bekommt man bei den Mailprovidern GMX und web.de beispielsweise Vor-und Nachnamen sowie die Mitgliedschaft bei Facebook  mitgeteilt, sobald man an die Mailadresse, mit der derjenige bei Facebook angemeldet ist, schreibt. Es werden also private Daten von Nutzern offengelegt bei bloßer Kenntnis deren Mailadresse.  –  Mitte 2009 wurde dann bekannt, dass die Profile von Facebooknutzern von Nachrichtendiensten und der Polizei genutzt und ausgewertet werden.  –  Die iranische Polizei beispielsweise nutzt die Homepage, um Freunde von Regimegegnern ausfindig zu machen und namentlich zu identifizieren. – Im November 2009 wurden zusätzlich die Standardeinstellungen zur Privatsphäre so weit verändert, dass nun möglichst viele Informationen öffentlich sichtbar sind. Name, Profilfoto, Freunde und Gruppenzugehörigkeiten sind immer öffentlich einsehbar, das ist auch mit den Einstellungsmöglichkeiten nicht zu verhindern. –  Daten von Nichtmitgliedern werden ebenfalls von Facebook gespeichert; diese Daten werden über eine Software von der Website gewonnen, die den Nutzern eine Synchronisation ihrer Kontakte aus dem (Handy)telefonbuch mit den Kontakten in Facebook ermöglicht.  –  Wie das Wall Street Journal am 18.10.2010 veröffentlichte, werden durch Facebook-Applikationen Benutzeridentitäten auch an Drittanbieter weitergegeben. Selbst wenn man sein Profil löscht, werden die eigenen Daten noch gespeichert, auch wenn sie für die anderen Facebook-Nutzer dann nicht mehr zu finden sind.

Die meisten Menschen, die bei Facebook angemeldet sind, wissen von diesen Eingriffen in ihre Privatsphäre. Aber alle sind bereit, ein Stück ebendieser aufzugeben, nur um präsent zu sein. Denn genau das ist es, was die Menschen reizt: Die Seite bietet jedem die Möglichkeit, zum Star zu mutieren. Man präsentiert sich auf seinem Profil, erstellt Fotoalben mit auffälligen Fotos und kann zu allem seine Meinung abgeben. Auf einmal kann man jedes seiner Erlebnisse publizieren –  und durch diese Öffentlichkeit gewinnen noch so nichtige Handlungen an Wert, sie werden zu „News“. Wenn man es richtig anstellt, bekommt man mehr Aufmerksamkeit als Paris Hilton – man fühlt sich besonders und modern. Doch das ist nicht einmal alles: Denn Facebook bietet einem nicht nur Platz für Individualität und Starallüren, sondern macht dich gleichzeitig zum Teil eines großen Ganzen, man gehört einer Gemeinschaft an. Hat man einen „Facebook“-Freundeskreis, ist selbst aber nicht bei der Website angemeldet, wird man schon mal vergessen und fühlt sich schnell ausgeschlossen. Schließlich werden die Partyeinladungen ja alle nur noch über Facebook verschickt.

Und so schwimmen wir wie kleine Fische unseren Fischkollegen hinterher – ins gefährliche Netz(werk).

Eine Hassrede gegen Facebook soll das hier aber trotzdem nicht werden. Ich selbst bin auf dieser Plattform angemeldet. Und ich genieße es oft, innerhalb von 5 Minuten ein Treffen auszumachen oder Leute wiederzufinden, die ich noch aus meiner Grundschulzeit kenne. Was ich aber doch jedem raten möchte: Seid vorsichtig. Man muss nicht alles von sich angeben, und man muss auch nicht all seine Erlebnisse posten, sodass jeder der 289 „Freunde“ mitbekommt, dass man nun endlich seine Periode bekommen hat. Man muss auch nicht mit jedem befreundet sein, nur um mehr Freunde zu haben, als der beste Kumpel. Aufmerksamkeit mag ja ganz aufregend sein, aber wollt ihr wirklich, dass jeder alles von euch weiß? Wollt ihr wirklich so einen markanten Fingerabdruck im Internet hinterlassen?

Wir werden sowieso schon viel mehr überwacht und manipuliert, als wir annehmen. Also sollten wir wenigstens da, wo wir Einfluss darauf haben, unsere Privatsphäre schützen. Ein gläserner Mensch ist nämlich nicht nur durchsichtig, sondern auch zerbrechlich.

Hannah, Überflieger-Redakteurin bis 2010 (Abi)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*