Gedanken einer Unadligen

SANSSOUCI. Wer Potsdam denkt, denkt auch „Sanssouci“. Aus diesem Grunde haben wir uns als Potsdamer/innen genau darüber Gedanken gemacht – hier und in der nächsten Printausgabe des „Überfliegers“.

Park Sanssouci: Chinesisches Teehaus

Es liegt auf einem Weinberg in Potsdam West und krönt ihn wie eine große gelbe Sonne. Das Schloss „Sanssouci“ mit seinem Park. – Sans souci. Ohne Sorge! Ohne Sorge?!

Was ist schon ohne Sorge? Die Welt der Menschen sicherlich nicht. Wir machen uns über zu viele unwichtige Dinge zu herzzerreißende Gedanken. Anstatt die Dinge auf sich zukommen zu lassen, macht man sich von vornherein unbegründete Sorgen, da man zu viel unbegründet nachdenkt. Ich meine zum Beispiel, wenn die Mamas „am Rad drehen“, weil man zehn Minuten zu spät nach Hause kommt. Da malen sie sich die schlimmsten Sachen aus: Trunkenheit, Entführung, Mord!? Oder die Angst einiger Mädchen, dass die Fingernägel abbrechen könnten, wenn sie Gartenarbeit machen sollen. Wie unwichtig! Oder auch: Dafür gibt es Arbeitshandschuhe.

Der Alte Fritz wollte sich wohl auch nicht den ganzen Tag Sorgen um seine Kriegsführung machen. Vielleicht baute er sich auch deshalb dieses nette „Schlösschen“ Sanssouci mit einem prächtigen Park, in dem heute im Sommer ca. 20.000 Blumen erblühen. Sowieso mochte „der Große“, wie man ihn nannte, – dabei war er nur 1,63 m groß – schon als Kind lieber lesen, musizieren und ein Philosoph werden. Die Welt sollte in seinen Kopf tauchen, sodass er sie aufsaugen und studieren könnte – ohne die Sorge, unterbrochen zu werden.

Wenn ich ER gewesen wäre, hätte ich mir Schloss und Park genauso angelegt. In der Bildergalerie ginge ich meinen verborgenen Fantasien nach und würde sie jeder Frau, die mir gefiele, zeigen, um sie zu verführen. Dann würde ich mit ihr durch die Säle des Schlosses tanzen. Im Park gibt es verwinkelte Wege, die geheimnisvoll „wer weiß, wohin“ führen, und Hecken, durch die man nicht dringen kann, die meine Neugier stets wach halten. Nicht weit von der großen Fontäne steht das Chinesische Teehaus, was golden in der Sonne glänzt und dessen Figuren und Verzierungen ein echter Augenschmaus sind. Dort hätte ich viele Stunden des Philosophierens verbracht, hätte Tee geschlürft, geplaudert, geträumt und gelesen. Jeden Morgen ginge ich in den Park zum Laufen. Danach würde ich in einen angelegten Teich springen, mit einem Lächeln, das mir auch kein verärgerter Gärtner wegzaubern könnte…

Der Park vermittelt auch heute noch Ruhe, auch ohne dass man darin völlig allein sein muss, und erst recht, wenn man es ist. Jedes Mal erzählt er dir Geschichten. Alte Geschichten und neue Geschichten. Manchmal möchte man sie vielleicht nicht hören, aber wie kann man so alte Bäume zum Schweigen bringen? Ich höre sie gern. Entspannt lausche ich den Tieren, höre im Herbst das Rascheln der Blätter. Bei Sonnenuntergang setzte ich mich auf die Terrassen, atme tief durch und fühle mich sorgenfrei. Sans souci!
Kalle, 10/1

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